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Wissenschaft trifft auf Kunst: Eintauchen in die geheime Welt des Immunsystems

Dortmund, 15. Oktober 2024

Am 27. September 2024 verwandelte sich ganz Dortmund in einen Treffpunkt für Neugierige und Wissenschaftsbegeisterte. Über 2.500 Besucher:innen nahmen bei der ersten Dortmunder Science Night an Experimenten, Wissenschaftsshows und Vorträgen im gesamten Stadtgebiet teil. Auch das ISAS war Teil dieser besonderen Premiere: Gemeinsam mit dem storyLab kiU der Fachhochschule Dortmund präsentierten Forschende im Dortmunder U ein immersives 3D-Erlebnis. Besucher:innen konnten in „Die Geheime Welt des Immunsystems“ eintauchen – speziell im Kontext eines Herzinfarkts.

Vier mal vier Meter misst der immersive Raum des storyLab kiU, gelegen im Foyer des Dortmunder U. Wer ihn betritt, schreitet mithilfe von Hochleistungsprojektoren und einem 32-kanaligen Soundsystem mit allen Sinnen in fremde Welten. Normalerweise basieren diese auf Kunstwerken aus den Sammlungen der Dortmunder Museen – doch bei der Science Night erwartete die Besucher:innen eine Reise in die kleinsten Strukturen eines Herzens nach einem Infarkt. Zu bestaunen gab es echte Mikroskopbilder aus dem ISAS: Darunter die 3D-Rekonstruktion eines Herzens einer Maus und Immunzellen, die nach einem Infarkt in das geschädigte Gewebe einwandern. Diese Zellen, darunter zum Beispiel Makrophagen, sollen eigentlich die Heilung unterstützen. Im „Aufräumwahn“ nach dem Herzinfarkt verursachen sie jedoch eine Narbenbildung in der Herzmuskelstruktur. Das kann die Herzfunktion langfristig negativ beeinflussen.

Das Foto zeigt eine Person im immersiven Raum. An die Wände sind Aufnahmen von Makrophagen im Herzgewebe projiziert.

Im immersiven Raum können Besucher:innen Immunzellen im Herzgewebe hautnah erleben. Hier sieht man, wie sich die Makrophagen (gelb) langsam auf ihre Zielzellen (pink) zubewegen. Eine Besonderheit des Raums: Ein Tracking System erfasst die Position der Person, sodass sich die optische Perspektive jeweils anpasst. Für Betrachtende erscheint die Projektion also stets dreidimensional.

© storyLab kiU

Das Bild zeigt Harald Opel und Ina Brandes im immersiven Raum. Ina Brandes betrachtet die Projektion eines Herzens nach einem Herzinfarkt.

Auch Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, hat sich bei der Science Night ein Bild vom immersiven Erlebnis gemacht. Begleitet von Harald Opel, dem künstlerischen Leiter des storyLab kiU, betrachtet sie eine mittels Lichtblatt-Fluoreszenzmikrospie angefertigte Aufnahme eines Infarktherzens. Die grünen Strahlen im Hintergrund erinnern an die Laser des Mikroskops.

© Stadt Dortmund / Roland Gorecki

Das Foto zeigt die ISAS-Forschenden im Gespräch mit Besucher:innen der Scinece Night im Dortmunder U.

Am gemeinsamen Stand der Fachhochschule Dortmund und des ISAS standen Forschende, zu erkennen an ihren Laborkitteln, für Fragen bereit. Das Foto zeigt zwei Doktorandinnen der Arbeitsgruppe, Flora Weber und Lara Janz. Weber (links im Bild) erklärt gerade das optische Clearing. Bei diesem von Prof. Dr. Anika Grüneboom entwickelten Verfahren machen Wissenschaftler:innen weltweit mithilfe des natürlichen Aromastoffs Zimtsäureethylester organische Proben transparent, um sie anschließend unter dem Mikroskop zu untersuchen.

© ISAS

Dr. Ali Ata Tuz, Flora Weber, Dr. Malte Roeßing und Lara Janz (v.l.n.r.) stehen am gemeinsamen Stand von der Fachhochschule Dortmund und dem ISAS für Fragen zum immersiven Erlebnis bereit.

Dr. Ali Ata Tuz, Flora Weber, Dr. Malte Roeßing und Lara Janz (v.l.n.r.) stehen am gemeinsamen Stand von der Fachhochschule Dortmund und dem ISAS für Fragen zum immersiven Erlebnis bereit.

© ISAS

Kunst trifft auf Immunologie

Die Mikroskopaufnahmen, die dem immersiven Erlebnis zugrunde liegen, stammen aus der Arbeitsgruppe Bioimaging am ISAS. Die Forschenden nutzen verschiedene mikroskopische Verfahren, darunter die Lichtblattfluoreszenzmikroskopie (s. Infobox), um die Immunreaktion bei einem Herzinfarkt und daraus entstehende Folgeschäden besser zu verstehen. Auf diese Weise wollen sie langfristig den Weg für neue Herzinfarkt-Therapien ebnen. „Für uns ist es das erste Mal, dass wir unsere Forschungsdaten in einem künstlerischen Kontext zeigen“, berichtet Prof. Dr. Anika Grüneboom, Leiterin der Forschungsgruppe. Dafür war eine intensive Vorbereitung nötig: Über mehrere Monate haben die Künstler:innen und Wissenschaftler:innen gemeinsam daran gearbeitet, die Forschung aus dem ISAS-Labor ins Dortmunder U zu bringen. Wie schnell bewegen sich die Makrophagen? An welchen Stellen ist Raum für künstlerische Freiheit? Und was ist eigentlich mit dem Sounddesign? Die Arbeit hat sich gelohnt, findet Grüneboom: „Die Kooperation mit dem storyLab kiU zeigt, dass Wissenschaft Kinder und Erwachsene faszinieren kann und selbst uns Forschende noch zum Staunen bringt.“

Ein Besucher hält ein Tablet in den Händen und betrachtet eine Projektion der Immunzellen. Im Hintergrund ist Lara Janz im Gespräch mit einem anderen Besucher.

Für die Science Night hat das Team vom storyLab kiU Tablets vorbereitet, welche die Immunzellen mittels Augmented Reality stark vergrößert in das Foyer des Dortmunder U projizieren. Die Makrophagen (gelb) bewegen sich mit den Besucher:innen durch das Muskelgewebe (violett). Im Hintergrund erklärt Lara Janz, Doktorandin am ISAS, einem Besucher die Aufnahmen.

© ISAS

Lichtblattfluoreszenzmikroskopie

Eine der Imaging-Techniken, die die Arbeitsgruppe Bioimaging nutzt, ist die Fluoreszenzmikroskopie. Fluoreszenz beschreibt die Eigenschaft von Stoffen, kurzwelliges Licht zu absorbieren und in einer längeren Wellenlänge wieder abzustrahlen. Um bestimmte Strukturen unter dem Mikroskop erkennen zu können, färben Forschende Proben mit zielstrukturspezifischen Fluoreszenzfarbstoffen, die diese Eigenschaften besitzen, an. Zu dieser Form der Lichtmikroskopie zählt unter anderem die Lichtblatt-Fluoreszenzmikroskopie. Hier beleuchtet ein Laser jeweils nur eine dünne Schicht der Probe, beispielsweise eines Herzens, ohne es dabei zu zerstören. Aus den vielen einzelnen Bildern der Gewebeschichten, erstellen Forschende später am Computer ein 3D-Modell der ganzen Probe.

Forschende im Dialog

Während einige Besucher:innen im immersiven Raum die Aufnahmen bestaunten, nutzten andere die Gelegenheit, draußen mit den Forschenden und Designer:innen ins Gespräch zu kommen. Am gemeinsamen Stand der FH Dortmund und des ISAS konnten Neugierige die Immunzellen darüber hinaus über Tablets mitten in das Foyer des Dortmunder U projizieren.

„Der Dialog mit den Besucher:innen war auch für uns Forschende sehr bereichernd. Daraus ergeben sich neue Blickwinkel auf unsere Arbeit, die wir mit ins ISAS nehmen“, resümiert Dr. Malte Roeßing, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Bioimaging. Der Biologe war nicht nur im Gespräch mit den Besucher:innen. Im kiU-Talk „Fact und Fiction“ diskutierte er am Abend mit Lennart Oberscheidt und Tobias Bieseke vom storyLab kiU über das Zusammenspiel von Kunst und Wissenschaft.

Das Foto zeigt Lennart Oberscheidt, Malte Roeßing und Tobias Bieseke im Gespräch unter dem Fulldome im Dortmunder U.

Moderiert von Tobias Bieseke (rechts im Bild) diskutierten Lennart Oberscheidt (beide storyLab kiU, links im Bild) und Dr. Malte Roeßing, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Bioimaging am ISAS, über das Zusammenspiel von Kunst und Wissenschaft. Im Talk sprechen die Drei unter anderem über die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Projekt, die Rolle von Ästhetik in der biomedizinischen Bildgebung sowie über Grenzen von Fakt und Fiktion in der Wissenschaft.

© ISAS

(Cheyenne Peters)

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