Dortmund, 8. September 2025
Die intestinale Mikrobiota beschreibt die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die im Darm vorkommen. Wissenschaftler:innen vermuteten bereits einen Zusammenhang zwischen dieser Darmflora und verschiedenen Zellen unseres Immunsystems. Forschende des Universitätsklinikums Essen und des ISAS konnten kürzlich nachweisen, wie die Mikrobiota die Aktivierung von neutrophilen Granulozyten beeinflusst. Dies kann sich nach einem Schlaganfall negativ auf das Gehirn auswirken. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler:innen im Journal of Neuroinflammation veröffentlicht.
Für die Studie haben die Forschenden Neutrophile (s. Infobox) von Mäusen mit gesunder Darmflora und von solchen, in denen Mikrobiota durch Antibiotika reduziert wurde, miteinander verglichen. Dafür nutzten sie unterschiedliche Analysetechniken wie Flüssigchromatographie-Massenspektrometrie (Liquid Chromatography Mass Spectrometry, LC-MS), Durchflusszytometrie und Lichtblattfluoreszenzmikroskopie. So konnten die Forschenden feststellen, dass die untersuchten Immunzellen bei einer intakten Darmflora aktiver werden. Bei einem Mikrobiota-Defizit hingegen sind Neutrophile weniger aktiv. Diese gehemmte Aktivität schützt das Gehirn der Mäuse vor den Folgen eines Schlaganfalls. Es kommt dadurch nach einem Hirninfarkt zu weniger Thromben in den Hirngefäßen und weniger Entzündungen des Nervengewebes. Auch die Fläche der vom Schlaganfall betroffenen Hirnregionen war bei einem Mikrobiota-Defizit kleiner.
Neutrophile Granulozyten
Neutrophile Granulozyten sind eine spezifische Art von weißen Blutkörperchen, die am häufigsten im Blut vorkommen. Sie bekämpfen vor allem Bakterien oder Pilze, liegen aber auch bei akuten oder chronischen Entzündungen in erhöhter Menge vor. Nach einem Schlaganfall sind Neutrophile die ersten Immunzellen, die im Gehirn ankommen. In aktivierter Form können sie sich dort negativ auf den Erholungsprozess auswirken. Die molekularen Signale, die zur Aktivierung von Neutrophilen führen, sind bisher nicht vollständig erforscht. Sie sind medizinisch sehr interessant, um perspektivisch neurotoxische Funktionen von Neutrophilen bekämpfen zu können.
Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass die Mikrobiota einen aktivierenden Einfluss auf Neutrophile haben, wobei der genaue Mechanismus dieser Interaktion bisher ungeklärt ist. Gelingt es in der weiteren Forschung, diesen Mechanismus aufzuklären, könnte diese Erkenntnis perspektivisch einen möglichen therapeutischer Ansatzpunkt für die Behandlung von Schlaganfall-Patient:innen bieten.
(Anna Becker)