Dortmund, 15. Mai 2025
Prof. Dr. Miloš Filipović kam im Oktober 2020 zum ISAS, nachdem er seine ERC-Gruppe Sulfaging von Bordeaux in Frankreich nach Dortmund verlagert hatte. Seine von der EU geförderte Forschung konzentriert sich auf den Zusammenhang zwischen Alterungsprozessen und Gasotransmitter-Signalwegen, insbesondere Schwefelwasserstoff (H₂S). Der 42-Jährige hat 2024 eine Berufung auf eine Professur für Molekulare Biowissenschaften an der University of Glasgow in Schottland angenommen. Da er das ISAS damit im Frühjahr 2025 verlassen hat, ist dies ein guter Anlass, um in einem Interview auf die vergangenen vier Jahre zurückzublicken und seine Zeit am Institut Revue passieren zu lassen.

Prof. Dr. Miloš Filipović war von Oktober 2020 bis Februar 2025 Arbeitsgruppenleiter am ISAS. Seit März 2025 lehrt und forscht er an der Universität Glasgow, Schottland.
© ISAS
Was war deine eindrücklichste Entdeckung in den letzten vier Jahren?
Filipović: 2024 haben wir eine Arbeit über den molekularen Mechanismus von Ergothionein zur Publikation eingereicht – das ist eine Verbindung, die in Pilzen vorkommt. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sie die Gesundheitsspanne alternder Tiere verlängert, indem sie H₂S bereitstellt, welches die Zellen durch Persulfidierung (s. Infobox) vor oxidativem Stress schützt. Die Geschichte hinter dieser Entdeckung ist interessant, denn sie begann eher als Backup-Plan für eine Dissertation, bei der einige Dinge nicht wie geplant funktionierten. Aus der Not heraus mussten wir schnell eine Lösung finden und hatten keine hohen Erwartungen. Es hat sich dann aber irgendwie perfekt ergeben, da der gesamte Mechanismus genau in unser Fachgebiet fiel. Wir hatten bereits das Netzwerk und die Ressourcen, um sofort mit der Arbeit beginnen zu können. Es war in gewisser Weise ein Glücksfall und ziemlich ungewöhnlich.
Persulfidierung
Persulfidierung ist eine posttranslationale Modifikation, bei der eine Persulfidgruppe (-SSH) an die Thiol-Seitenkette von Cysteinresten in Proteinen angehängt wird. Dieser Prozess wird durch Schwefelwasserstoff (H₂S) ausgelöst, ein Gasotransmitter, der als Signalmolekül im Körper agiert. Persulfidierung kann die Proteinaktivität regulieren, Zellen vor oxidativem Stress schützen und ist an entzündungshemmenden und neuroprotektiven Prozessen beteiligt.
Wie würdest du eure Arbeit am ISAS beschreiben?
Filipović: Ich würde sagen, wir sind von Neugier getrieben. Wir halten uns nicht unbedingt an einen bestimmten Rahmen und auch nicht an eine einzige Methode. Das heißt, wenn wir keine eigene Methode haben und nirgendwo anders auf der Welt eine finden, entwickeln wir einfach eine eigene! Während unserer Zeit hier haben wir uns mit einigen kardiovaskulären Aspekten befasst, wie Myokardischämie-Reperfusionsschäden, hämorrhagischem Schock und ähnlichem. Bei Ergothionein haben wir verschiedene Trainingsmodelle und den Alterungsprozess. Auch mit Neurodegeneration haben wir uns beschäftigt, insbesondere mit Alzheimer-Modellen. All diese Themen stammen aus unserem Fachgebiet, also den posttranslationalen Modifikationen, insbesondere von Cystein. Gleichzeitig sind es aber auch sehr unterschiedliche Themen.
Eines der Ziele des Instituts ist es, Messverfahren zu standardisieren, und dafür muss der gesamte Prozess so präzise und sauber wie möglich ablaufen. Dieser Ansatz hat meine Arbeit wahrscheinlich für immer geprägt.
Welche Techniken haben die Zeit hier geprägt?
Filipović: Die Massenspektrometrie als solche haben wir am ISAS erlernt. Der Begriff ist weit gefasst, aber wir verwenden in unserer Forschung verschiedene Arten der Massenspektrometrie. Einige davon haben wir aus der Literatur adaptiert, aber ohne den regelmäßigen Zugang zu all den verschiedenen Geräten wäre das unmöglich gewesen. In den meisten Forschungseinrichtungen gibt man seine Proben ab und erhält dann die Ergebnisse zurück. Im Gegensatz zum ISAS führt man nicht jeden einzelnen Schritt selbst durch, von der Probenvorbereitung über die Messung bis hin zur Datenanalyse, und hat daher keine praktische Erfahrung damit, was schiefgehen kann und warum eine Messung nicht funktioniert hat. Alle notwendigen Schritte selbst zu beherrschen, ist ein großer Vorteil bei der Problemlösung.
Seit ich hier bin, hat sich meine Sichtweise auf die Massenspektrometrie, insbesondere auf die Proteomics, in gewisser Weise verändert. Am ISAS beispielsweise durchläuft jede Probe vor der Messung eine Qualitätskontrolle. Dieser zusätzliche Schritt trägt dazu bei, dass alle Instrumente lange Zeit reibungslos funktionieren, ohne dass Techniker:innen alle drei Monate das Gerät reinigen und den Arbeitsablauf unterbrechen müssen. Was wie ein Standardverfahren aussieht, ist ziemlich ungewöhnlich, da es zusätzliche Zeit kostet. Aber es hat Vorteile: Eines der Ziele des Instituts ist es, Messverfahren zu standardisieren, und dafür muss der gesamte Prozess so präzise und sauber wie möglich ablaufen. Dieser Ansatz hat meine Arbeit wahrscheinlich für immer geprägt.
Im März 2025 bist du als Professor an die School of Molecular Bioscience der Universität Glasgow gewechselt. Was sind deine Pläne für die neue Position?
Filipović: Neben der Forschung werde ich in Glasgow auch Lehrtätigkeiten übernehmen. Das ist spannend und eine neue Herausforderung, der ich mich gerne stelle. Natürlich werde ich mit dem ISAS in Kontakt bleiben, wir haben bereits einige gemeinsame Projekte mit der Forschungsgruppe Kardiovaskuläre Pharmakologie geplant. Wir haben ein Konzept entwickelt, wie Persulfidierung die Phasentrennung und -aggregation im alternden Gehirn beeinflusst, und wollen diese Erkenntnisse auf das Herz ausweiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Erkrankung Amyloidose.
(Das Interview führte Cheyenne Peters)

Für Sulfaging wurden Fördermittel des Europäischen Forschungsrats (ERC) im Rahmen des Programms der Europäischen Union für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ bereitgestellt (Finanzhilfevereinbarung Nr. 864921).