Dortmund, 26. November 2024
In der Klinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Essen leitet Prof. Dr. Dr. Alpaslan Tasdogan das Institut für Tumor-Metabolismus. Mit seiner Arbeitsgruppe forscht er dort unter anderem zu Metastasen und zum Stoffwechsel von Hautkrebszellen. Seit Winter 2021 hat der Dermato-Onkologe und Immunologe die Professur für Dermatologie und Tumor-Metabolismus an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen inne. Im Mai 2024 kam der forschende Kliniker ans ISAS, wo er eine zweite Arbeitsgruppe leitet. Für seine herausragende wissenschaftliche Arbeit wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet und gefördert, zuletzt mit dem ERC Starting Grant der Europäischen Kommission. Die Erkenntnisse aus seiner Forschung sind nicht nur von hoher wissenschaftlicher, sondern auch klinischer Relevanz für Krebspatient:innen.
Herr Professor Tasdogan, mit Ihrer ISAS-Gruppe Präklinische Metabolomics setzen Sie als Kliniker bei der anwendungsorientierten Grundlagenforschung an. Welches Ziel verfolgt die Arbeitsgruppe?
Tasdogan: Das Ziel ist, mit den Technologien, die am ISAS entwickelt werden, die metabolische Vulnerabilität bzw. die metabolischen Veränderungen von Krebszellen besser zu verstehen, als dies bisher möglich ist. Ausgehend von klinischen Fragestellungen arbeiten wir dementsprechend mit Mausmodellen, In-vitro-Modellen wie Zellkulturen und Proben von Patient:innen. All diese möchten wir mit den neuesten analytischen Ansätzen eingehend untersuchen, um bestimmte Vorgänge bei der Metastasierung aufzudecken. Die Translation dieser Ergebnisse in die Klinik, also das Prinzip »from bench to bedside«, ist für meine Arbeitsgruppe am ISAS essenziell. Die Erkenntnisse wollen wir für neue und zielgerichtete Therapien in der Klinik nutzen, die bei der Stoffwechselveränderung der Krebszellen während einer Therapie oder Metastasierung ansetzen.
Inwiefern sollen die Analysemethoden, die am ISAS entwickelt werden, dazu beitragen, Aufklärung über klinische und molekulare Fragestellungen beim malignen Melanom zu liefern?
Tasdogan: Zum Beispiel wissen wir, dass jede:r Patient:in einzigartig ist und dass jeder Tumor unterschiedliche Krebszellen hat. Und bei meinen früheren Arbeiten in den USA konnte ich mit meinem dortigen Team zeigen, dass immer eine metabolische Heterogenität vorhanden ist. Bisher haben aber noch die Technologien gefehlt, um diese Heterogenität weiter zu erforschen. Mit den am ISAS entwickelten oder kombinierten Analyseverfahren, beispielsweise unter Einsatz der Massenspektrometrie und MALDI-Imaging- Massenspektrometrie, wollen wir herausfinden, wo die metabolische Heterogenität in den Tumoren stattfindet. Finden wir sie im Primärtumor, in den Metastasen oder in den Organen? Wir wollen nicht nur verstehen, wie die Metabolite im Tumor, sondern idealerweise auch in einer einzelnen Zelle im Gesamtorganismus räumlich verteilt sind. Und wir wollen herausfinden, wie es um die sogenannte Metabolomic Communication zwischen Tumorzellen, Stromazellen und Immunzellen steht.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit nimmt am ISAS einen hohen Stellenwert ein. Wo sehen Sie – auch mit Blick auf eine erfolgreiche Translation von Forschungsergebnissen in die präklinische Phase – Potenzial für Kooperationen?
Tasdogan: Ich kooperiere bereits seit einiger Zeit mit den ISAS-Arbeitsgruppen Lipidomics, Proteomics und Spatial Metabolomics. Auch für eine Zusammenarbeit mit den Forschungsgruppen Biofluoreszenz, Bioimaging und AMBIOM sehe ich großes Potenzial. Zum Beispiel, wenn es darum geht, die Analyseverfahren so zu optimieren, dass wir in Zukunft nur eine möglichst geringe Anzahl an Tumorproben für aussagekräftige Ergebnisse benötigen. Hier gehen kombinierte Analyseverfahren und Künstliche Intelligenz Hand in Hand. Bei jeder Zusammenarbeit ist die klinische Relevanz der Fragestellung eines Forschungsvorhabens entscheidend. Es nützt nichts, wenn wir beispielsweise Marker oder Inhibitoren identifizieren, die im Mausmodell gut funktionieren, aber für den Einsatz bei Patient:innen außer Frage stehen, weil es bessere Alternativen gibt. Als Wissenschaftler und Arzt kenne ich beide Seiten sehr gut. Ich verstehe daher meine Arbeitsgruppe am ISAS als Brücke zwischen Grundlagenforschung und Klinik. Es geht mir bei der Zusammenarbeit darum, allen Beteiligten klinische Aspekte und kritische Fragestellungen aus der Klinik besser näherzubringen, damit die analytischen Methoden, an denen wir gemeinsam forschen, eine hohe Relevanz für die Translation haben.
(Das Interview führte Sara Rebein.)