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Die meisten Erkrankungen oder gesundheitlichen Probleme, darunter auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Tumoren, gehen mit lokalisierten und heterogenen Veränderungen einer Reihe biochemischer Prozesse in einigen Zellen einher. Der Grund: Zellen reagieren auf äußere Reize wie Sauerstoffmangel, Viren, Bakterien und genetische Veränderungen oft unterschiedlich. Dies führt zu einer komplexen räumlichen Anordnung kranker bzw. infizierter Zellen, die von gesundem Gewebe umgeben sind, das für den medizinisch relevanten Phänotyp (in Bezug auf das Aussehen, die Entwicklung und das Verhalten eines Organismus) verantwortlich ist. Um diese Phänotypen auf molekularer Ebene vollständig zu verstehen, müssen Analyseverfahren in der Lage sein, räumlich begrenzte molekulare Veränderungen abzubilden. Massenspektrometrie-Imaging (Mass Spectrometry Imaging, MSI) ermöglicht die markierungsfreie Lokalisierung von Hunderten von biochemischen Substanzen wie Metaboliten, Lipide, Peptide, Arzneimittelwirkstoffe etc. von einzelnen Zellen bis hin zu Gewebeschnitten. Diese technische Fähigkeit hat neue molekulare Erkenntnisse über Erkrankungen wie Krebs, Diabetes, neurodegenerative Störungen und Stoffwechselstörungen mit sich gebracht. Obwohl die MSI-Verfahren in den letzten Jahren entwickelt und optimiert wurden, müssen mehrere zentrale Aspekte der Analysepipeline noch verbessert werden, damit die biomedizinische und klinische Forschung in vollem Umfang davon profitieren kann.

Das Ziel des Forschungsprogramms MS-Basiertes Imaging ist die Entwicklung und Kombination von matrixunterstützter Laser-Desorption-Ionisation (Matrix-Assisted Laser Desorption Ionisation, MALDI) mit Mikroskopieverfahren. Die übergeordnete Zielsetzung besteht darin, das räumliche Tracking der Folgeprodukte von Proteinen zu ermöglichen, die auf die Enzymaktivität in Zellen deuten, zum Beispiel Lipide und Metaboliten. Die Entwicklung MS-basierter Bildgebungsverfahren geht Hand in Hand mit Anwendungen bei seltenen genetischen Herzerkrankungen, dem mechanistischen Verständnis der Metaboliten- und Lipidregulierung bei kardiovaskulärer Dysfunktion, tumorösen Veränderungen und dem Einfluss kleiner Moleküle bei Parasitenbefall oder einer Virusinfektion.

© ISAS / Hannes Woidich

Verbesserte Performance von MALDI-MSI-Quellen

Eine Voraussetzung für die Visualisierung kleiner Moleküle in Gewebeschnitten ist ein ausreichendes Ionensignal bei der gesamten Messung – idealerweise ohne Einflüsse durch den Matrixhintergrund und andere Analyten. Aus diesem Grund widmen die am Programm mitwirkenden Wissenschaftler:innen einen großen Teil ihrer Arbeit der Optimierung der Performance von MALDI-MSI-Quellen im Hinblick auf das Gesamtionensignal, die Verringerung von Ionensuppressionseffekten und die erhöhte Abdeckung von Lipiden und Metaboliten in einem MSI-Lauf. Dazu kombinieren die Forschenden verschiedene Ionisierungsquellen mit MALDI-MSI, beispielsweise das flexible ISAS-Mikroröhrenplasma (FμTP). Im Anschluss testen die Wissenschaftler:innen die optimierten Ionenquellen zur Analyse von Lipiden und Metaboliten in Zellen und von mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziierten Geweben (entzündetes Herzgewebe nach einem Infarkt und Morbus Fabry) aus Mausmodellen und Humanproben.

Entwicklung und Optimierung verschiedener Strategien zur Probenvorbereitung

Ein weiterer Aspekt, der die Qualität der MSI-Ergebnisse erheblich beeinflussen kann, ist die Probenvorbereitung. Das Waschen von Gewebe kann den Gesamtsalzgehalt senken, Zusatzstoffe können die Ionisierungseffizienz verbessern und die chemische Derivatisierung kann das Signal ausgewählter Substanzklassen verstärken und zur Klärung der Molekularstruktur von Analyten beitragen. Daher ist die Entwicklung und Optimierung von Strategien zur Vorbereitung Teil der Arbeit im Forschungsprogramm MS-Basiertes Imaging. Im Einzelnen umfassen die Aufgaben:

  • die Optimierung von Protokollen für MSI-Metaboliten des Zitronensäurezyklus,

  • die Minimierung von Ionensuppressionseffekten durch Entfernung von Salzen und Suppressionsanalyten,

  • Derivatisierungsmethoden am Gewebe, die auf selten vorkommende und schwer zu ionisierende Substanzen abzielen, insbesondere auf Steroide, oxidierte Lipide und Sphingolipide,

  • chemische Derivatisierungsverfahren zur strukturellen Charakterisierung von Analyten bzw. zur Validierung von Substanzannotationen und

  • die Verbesserung der Kompatibilität der MSI-Probenvorbereitung mit Methoden wie der Fluoreszenz- und Raman-Mikroskopie.

Bibliothek quantifizierter Lipid- und Metabolitenwerte

Die Quantifizierung ist bei MSI schwierig, da die Effekte der Ionensuppression vom Gewebetyp und von den histologischen Gewebestrukturen abhängen können. Deshalb möchten die Forschenden am ISAS die optimierten Ionenquellen und Probenvorbereitungsstrategien mit absoluten Quantifizierungsergebnissen aus etablierten Shotgun-Sequenzierungen und Flüssigchromatographie-(Liquid Chromatography, LC-)MS/MS-Experimenten kombinieren. Eines ihrer Ziele ist es, mit MALDI-MSI eine Bibliothek mit quantifizierten Lipid- und Metabolitendaten für eine Reihe von Gewebeproben zu erstellen und die Ergebnisse mit etablierten Shotgun-Sequenzierungen und LC-MS/MS-Werten zu vergleichen. Weiteres Ziel der Wissenschaftler:innen ist es, eine Software zu entwickeln, die es ermöglicht, diese Bibliotheken zur Quantifizierung von Substanzen in präklinischen Proben (genetisch veränderte Mausmodelle) und klinischen Proben zu verwenden.

Trichter und Ionenmobilitätsspektrometer aus dem 3D-Drucker

Auch bei MSI-Konfigurationen ist die Kombination entscheidend. Beim Forschungsprogramm MS-Basiertes Imaging möchten die Forschenden einen miniaturisierten Ionentrichter und ein eigenständiges Driftröhren-Ionenmobilitätsspektrometer als 3D-Druck entwickeln, das mit MSI-Technologien kompatibel ist, um den Ionentransfer und seine Empfindlichkeit zu verbessern und darüber hinaus die Trennung von Ionenpopulationen zu ermöglichen. Es wird erwartet, dass diese Geräte die Leistung von MSI-Aufbauten für die molekular aufgelöste räumliche Profilerstellung deutlich verbessern. Außerdem sind sie dank 3D-Druck in der Größe anpassbar und daher mit verschiedenen MSI-Aufbauten kompatibel.