Zum Inhalt springen

Lebende Organismen stehen mit ihrer jeweiligen Umgebung in einem dynamischen Gleichgewicht. Direkter Ausdruck dieses Gleichgewichts sind Stoffwechselprozesse, die alle biochemischen Vorgänge umfassen, die mit dem Aufbau, Abbau und Transport von biologisch relevanten, chemischen Verbindungen zusammenhängen. Eine Untersuchung des Metaboloms – die Gesamtheit aller Stoffwechselprodukte (Metabolite) – bietet einen guten Ansatz, um Störungen dieses Gleichgewichts und damit Hinweise auf mögliche Erkrankungen zu finden. Umgekehrt ergibt sich damit auch die Möglichkeit, neue Ansätze für medikamentöse Therapien zu finden oder die Wirkung und Nebenwirkungen von potenziellen Medikamenten zu untersuchen.

Non Animal Testing Methoden

Mithilfe der Kernspinresonanzspektroskopie (Nuclear Magnetic Resonance, NMR) untersuchen Forschende der Arbeitsgruppe NMR Metabolomics in vitro (an funktionellen Modellen unter physiologischen Bedingungen) Stoffwechselprozesse quantitativ. Computergestützten Modelle unterstützen bei der Analyse der komplexen chemischen Netzwerke. Funktionelle Modelle (Non Animal Testing) sind in diesem Zusammenhang Extrakte aus spezifischen Zellsuspensionen oder intakte 3-dimensionale Zellkulturen, die die Forschenden direkt aus verschiedenen Zelltypen assemblieren oder durch 3D-Bioprinting erzeugen. In dieser Form können sie unter physiologischen Bedingungen während der Messung am Leben gehalten werden. Untersuchungen an diesen vereinfachenden Modellen dienen als Ausgangspunkt für weiterführende Arbeiten an Tiermodellen und später an Gewebeprobe von Patienten.

© ISAS

Reparaturmechanismen von Zellen nutzbar machen

Keine enzymatisch katalysierte Reaktion (und damit jeder Stoffwechselprozess) ist fehlerfrei. Es gibt stets Nebenreaktionen, die für eine Zelle als kleinste Bau- und Funktionseinheit lebender Organismen schädlich sein können. Um diese Nebenreaktionen zu kompensieren, haben Zellen parallel arbeitende Reparaturmechanismen entwickelt. Eine gezielte Kontrolle dieser Mechanismen könnte zum Beispiel die Selbstvergiftung einer Krebszelle auslösen. Obwohl sie ein vielversprechendes Potenzial für neue therapeutische Ansätze bieten, sind die Reparaturmechanismen bisher weitestgehend ungenutzt. Basierend auf einer Kombination von präzisen, quantitativen NMR- und LC-MS- (Liquid Chromatography Mass Spektrometry) Messungen, die mit Unterstützung von Computermodellen (Constraint Metabolomic Pathway Analysis) eine Massenbilanz innerhalb eines abgeschlossenen Teils eines Stoffwechselweges erlauben, möchten die Wissenschaftler:innen eine Strategie entwickeln, die eine gezielte Suche nach solchen Reparaturmechanismen ermöglicht.

Um die NMR an diese Fragestellungen anzupassen und die Einsatzmöglichkeiten zu erweitern, sind methodisch-instrumentelle Arbeiten erforderlich. Daher widmen sich die Forschenden dieser Arbeitsgruppe der Weiterentwicklung von Lab-on-a-Chip (LOC) Technologien, die in-vitro-Messungen ermöglichen, daran angepasste planare Detektorgeometrien (die eine Kombination von NMR und LOC optimal nutzen) und Pulssequenzen, die räumlich und zeitlich aufgelöste Messungen mit ausreichender Messempfindlichkeit an funktionellen in-vitro-Modellen erlauben. Da die Datenmengen mit der Weiterentwicklung der Technologien stetig wachsen, bekommt die Automatisierung der Datenauswertung mit Strategien aus dem Bereich des maschinellen Lernens einen immer größeren Stellenwert.