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Wann und warum fällt im Körper die biologische Entscheidung zwischen Gesundheit und Erkrankung? Welche Kriterien sorgen dafür, dass identische Therapien bei verschiedenen Patient:innen unterschiedlich erfolgreich sind? Um die hierbei zugrunde liegenden physiologischen Vorgänge aufzuklären, bedarf es analytischer Verfahren, die gleichzeitig Informationen verschiedener Molekülklassen wie etwa Proteine, Lipide und Metabolite (Stoffwechselprodukte) erfassen. Die technologische Basis dafür liefert die 4D-Analytik. Diese bezeichnet die quantitative und qualitative Analyse biologischer Systeme und die zeit- sowie ortsaufgelöste Bestimmung von (Bio-)Molekülen. Mittels 4D-Analytik wollen Forschende am ISAS zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Mengen und Arten verschiedener Substanzen wie etwa Proteine oder Lipide sowie deren Ort gleichzeitig innerhalb einer Probe bestimmen. Dafür kombinieren die Wissenschaftler:innen in den vier Forschungsprogrammen interdisziplinär ihre Ergebnisse und methodischen Entwicklungen, um aus jeder Probe ein Maximum an Infos zu gewinnen.
4D-Analytik für ein ganzheitliches Bild
Konkret bedeutet dies: Die Forschenden möchten etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen oder Krebs nicht nur mithilfe der Massenspektrometrie verstehen, was auf der Ebene der Proteine, Lipide oder Metaboliten passiert, sondern beispielsweise anhand verschiedener Mikroskopie-Verfahren bestimmen, wo genau sich die verschiedenen Moleküle in welchem Umfang in einer einzigen Zelle angesammelt haben. Bildlich gesprochen: Es geht darum, mittels 4D-Analytik das ganze Bild einer Erkrankung aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten – und nicht nur einen Ausschnitt. Um die in den simultanen Analyseverfahren gewonnenen neuen Datentypen auswerten zu können, arbeiten Forschende am ISAS dafür an Strategien und Programmen unter dem Einsatz Künstlicher Intelligenz. Ihre methodischen Entwicklungen wenden unsere Wissenschaftler:innen auf verschiedene Modellsysteme (beispielsweise Mausmodelle für spezifische Fragestellungen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen) an.
Tierversuche & Tierschutz
Immer da, wo es möglich ist, greifen ISAS-Forschende anstelle von Tierversuchen mit Mäusen auf Alternativmethoden zurück. Bei vielen Fragestellungen rund um Herz-Kreislauf-Erkrankungen und immunologische Vorgänge im Körper sind Tierversuche jedoch derzeit notwendig. Wo Tierversuche unerlässlich sind, setzen wir am ISAS auf neue Analysemethoden in Kombination mit Künstlicher Intelligenz, um die Anzahl der Mäuse im Sinne des 3R-Prinzips signifikant zu reduzieren. Unsere Wissenschaftler:innen entwickeln verschiedene komplementäre Analyseverfahren.
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So ist es ihnen beispielsweise gelungen, Massenspektrometrie-basierte Analyseverfahren so zu optimieren, dass sie einen hohen Gehalt an Informationen aus weniger Tier- und Humanproben gewinnen können. Außerdem setzen unsere Forschenden für ihre Analysen unter dem Lichtblatt-Fluoreszenzmikroskop ein spezielles Verfahren ein, mit dem ganze Organe durchsichtig werden. Dieses sogenannte optische Clearing lässt sich rückgängig machen, sodass keine Tierproben zerstört werden. Unsere Wissenschaftler:innen können damit ein und dieselbe Probe mithilfe verschiedener Analyseverfahren untersuchen: Zuerst mittels Lichtblatt-Fluoreszenzmikroskop, anschließend beispielsweise mit dem Konfokal-Mikroskop und dem Massenspektrometer. Weil sie damit ein- und dieselbe Probe mehrfach einsetzen können, senken unsere Wissenschaftler:innen so die Anzahl der Mäuse pro Forschungsprojekt signifikant.
Eine transparente Kommunikation rund um das Thema Tierversuche ist uns wichtig. Unsere Forschenden und unser Tierschutzbeauftragter stehen für Gespräche zur Verfügung. Anfragen dafür sowie Fragen zu Tierversuchen nimmt unsere Pressestelle entgegen.
Als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft unterstützt das ISAS die »Initiative Transparente Tierversuche« und »Tierversuche verstehen – Eine Informationsinitiative der Wissenschaft«.
Vierdimensionale Analysemethoden für die Präzisionsmedizin
Langfristig sollen die am ISAS entwickelten vierdimensionalen Analysemethoden für die Präzisionsmedizin medizinischem Personal ermöglichen, Erkrankungen so früh wie möglich und gezielt zu diagnostizieren. Außerdem sollen sie diese dabei unterstützen, die individuell für jeden Menschen am besten geeigneten Maßnahmen für die Prävention oder Therapie (mit den geringsten Nebenwirkungen) auszuwählen.