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Das Forschungsprogramm Pathomechanismen konzentriert sich auf die Analyse von Krankheitsmechanismen mit Schwerpunkt auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere Herzversagen infolge eines Myokardinfarkts (Herzinfarkts), pathologisches Herzwachstum (Hypertrophie) und kardiotoxische Krebstherapien. Das übergeordnete Ziel des Programmes ist es, molekulare Veränderungen zu identifizieren, die für die Entstehung dieser Krankheiten ursächlich sind und sich als Zielmoleküle (Targets) – und möglicherweise auch als Biomarker – eignen.

Bei den vielfältigen Pathomechanismen, die beispielsweise einer Herzinsuffizienz zugrunde liegen können, befassen sich die Wissenschaftler:innen mit denen, die:

  • von translationalem Potenzial sind, wie etwa die kardiosichere Ausrichtung auf bestimmte Kinase- (spezifische Enzyme) Kaskaden,

  • gängige Pathomechanismen bzw. Ereignisse im Herzen und bei Krebs darstellen, zum Beispiel zelluläre Wachstumsmechanismen und Blutgerinnung,

  • toxische Nebenwirkungen haben, beispielsweise die Kardiotoxizität von Krebsmedikamenten, und

  • für die weitere Optimierung von Analysemethoden relevant sind.

© ISAS / Hannes Woidich

Bis heute sind die molekularen Ursachen und der Verlauf vieler Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems noch weitgehend ungeklärt. Viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben multifaktorielle Ursachen. Genetische Ursachen spielen eine Rolle sowie Umwelt- und Ernährungsfaktoren, Störungen von Thrombozyten (Blutplättchen) oder kardiotoxische Krebstherapien. Um ein mehrdimensionales Bild der Pathomechanismen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erhalten, damit diese in Zukunft früher diagnostiziert werden und Individualtherapien effektiver und nebenwirkungsärmer durchgeführt werden können, setzen die Forschenden am ISAS Methoden ein, die genomische, proteomische und metabolomische Parameter umfassen. Ziel ist es, dazu beizutragen, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Zukunft früher diagnostiziert und Individualtherapien effektiver sowie nebenwirkungsärmer durchgeführt werden können. Sie entwickeln, kombinieren und optimieren verschiedene Analyseverfahren, um Krankheitsmechanismen und potenzielle Zielmoleküle zur Behandlung verschiedener Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu identifizieren.

Entwicklung von Analyseverfahren und Kombination neuer Methoden

Die an diesem Forschungsprogramm beteiligten Wissenschaftler:innen kombinieren herkömmliche molekulargenetische und biochemische Methoden mit massenspektrometrischen Hochdurchsatzmethoden und spektroskopischen Ansätzen. Damit können sie die gesamte Analysebandbreite abdecken – von der detaillierten Untersuchung einzelner Komponenten bis hin zur Analyse ganzer zellulärer Systeme.

In enger Zusammenarbeit mit klinischen Wissenschaftler:innen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der Universität Duisburg-Essen (Universitätsklinikum Essen) sollen beispielsweise spektroskopische und metabolische Charakteristika bestimmter Erkrankungen mit Protein- oder Lipidablagerungen wie Amyloidose oder Morbus Fabry erarbeitet werden. Die Wissenschaftler:innen am ISAS treiben die Anwendung biospektroskopischer Analysen, insbesondere die kohärente Anti-Stokes-Raman-Streuung (CARS) und die Raman-Spektroskopie in Kombination mit der Vibrationsmikroskopie und dem MALDI-Imaging (Matrix Assisted Laser Desorption/Ionization), weiter intensiv voran. Darüber hinaus entwickeln sie KI-Methoden zur Optimierung der Analyse der gewonnenen Daten, um frühe metabolische oder strukturelle Veränderungen im Myokard (Herzmuskel) zu erkennen.

Die so gewonnenen Einblicke in das Stoffwechselgeschehen werden durch Forschungsarbeiten ergänzt, die darauf abzielen, die kernmagnetische Resonanz (Nuclear Magnetic Resonance, NMR) für Längsschnittstudien der Stoffwechselflüsse mit hoher Empfindlichkeit und räumlicher sowie zeitlicher Auflösung zu optimieren. Es handelt sich dabei um eine Analysemethode, die für ein besseres Verständnis der Zytotoxizitätsmechanismen (die Eigenschaft, zelltoxisch zu sein) bestimmter Arzneimittel von großer Bedeutung ist.

Anwendung verschiedener Modellsysteme

Die Forschenden verwenden zell- und mausbasierte Modellsysteme, die in der Lage sind, wichtige Merkmale von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu rekapitulieren. Sie arbeiten beispielsweise mit Blutplättchen, die verklumpen können und so Thromben simulieren, und mit Herzmuskelzellen, die schlagen und so zum Auslesen von Kontraktion und Entspannung dienen. Die Wissenschaftler:innen nutzen zudem genetische Mausmodelle, die einen Phänotyp für krankhaftes Herzwachstum bei Kindern oder für Lipidablagerungen im Herzen darstellen.

Präzisionsmedizin: mögliche Erkenntnisse zur Thrombozyten-Aktivierung

Bei Herzinfarkten, die weltweit zu den beiden häufigsten Todesursachen zählen, spielt die Thrombozyten-Aggregation eine zentrale Rolle. Das ISAS verfügt über langjähriges analytisches Know-how in der Erforschung von Thrombozyten. Dazu gehören ausführliche Untersuchungen zum populationsbasierten Proteom der Thrombozyten und die intensive Erforschung von Thrombozyten-Fehlfunktionen. Umfassendere Einblicke in die Aktivierung und Inhibition von Thrombozyten können die Präzisionsmedizin für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorantreiben. Daher haben die Forschenden am ISAS eine Standarddatenbank für Blutplättchen kreiert. Sie ermöglicht die Anwendung von Modellen des maschinellen Lernens zur Prognose der Thrombozyten-Aggregation und letztlich der Hämostase (Blutgerinnung) bei Patient:innen mit Herzinsuffizienz oder Schlaganfall – eine Strategie, die als Blaupause für andere Blutzellen weiterentwickelt wird.