Multiomics: Ein systembiologischer Ansatz für die kardiovaskuläre Forschung

Die Untersuchung von Nukleinsäuren, Proteinen, Metaboliten und Lipiden mithilfe von analytischen Hochdurchsatzmethoden ist mittlerweile ein fester Bestandteil der biomedizinischen Forschung, insbesondere auch im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Allerdings beschränken sich die aktuellen Methoden nur auf jeweils eine Molekülklasse, sodass man mit ihnen keinen globalen Überblick über alle Moleküle einer Probe gewinnen kann. Für einen solchen Überblick wird ein kombinierender Ansatz benötigt, der die Daten mehrerer molekularer Ebenen erfasst und daraus ein ganzheitliches Bild erstellt, das die Vernetzungen zwischen diesen Ebenen darstellen kann. Solche kombinierenden Ansätze werden auch als Multiomics-Verfahren bezeichnet und bestehen aus mindestens zwei Omics-Methoden. Am ISAS haben sich mehrere Arbeitsgruppen zusammengeschlossen, um gemeinsam einen solchen Multiomics-Ansatz zu entwickeln. So können sie ein umfassendes Bild von biologischen Prozessen wie Interaktionen innerhalb und zwischen den Signaltransduktionswegen gewinnen, das zu einem besseren Verständnis kardiovaskulärer Erkrankungen führt. Der Multiomics-Ansatz erlaubt es ihnen, neue molekulare Zusammenhänge zu entdecken, Hypothesen zu generieren und Ansatzpunkte für Medikation und Therapie zu finden.

Das Projekt ist in mehrere Arbeitspakete aufgeteilt, in denen die Wissenschaftler grundlegende Techniken erarbeiten und optimieren, mit denen neue Molekülklassen für den Multiomics-Ansatz zugänglich gemacht werden. Diese Techniken sollen in kardiovaskulären Studien eingesetzt werden, die sich dann zum Beispiel mit Herzinfarkten oder der Herzentwicklung beschäftigen.

Die Multiomics-Teilprojekte im Überblick:

Neue Techniken zur MS basierten Lipiddetektion

Die Arbeitsgruppe Miniaturisierung entwickelt in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen Protein Dynamics und Lipidomics ihre plasmabasierten Detektionstechniken zu einer kombinierten Injektions- und Ionisationstechnik weiter. Diese Technik soll Lipide empfindlicher und besser nachweisen und darüber hinaus zur Fragmentierung von Biomolekülen für massenspektrometrische Analysen genutzt werden können. Damit könnten neue sehr hydrophobe, unpolare Moleküle ionisiert und neue Fragmentionen generiert werden, welche die bisherige Strukturaufklärung unterstützen.

SIMPLEX als Multiomics-Plattform

Die von der Arbeitsgruppe Lipidomics entwickelte SIMPLEX-Plattform wird weiter ausgebaut, um zum Beispiel zusätzliche PTMs identifizieren und noch besser für quantitative Analysen genutzt werden zu können. Zusätzlich will das Projektteam einen Bioinformatik-Ansatz zur integrativen Datenauswertung entwickeln. Der Multiomics-Workflow soll für Langzeitstudien an verschiedenen Modellsystemen eingesetzt werden, wobei das Team die Entwicklung der physiologischen und pathophysiologischen Herzhypertrophie untersuchen will.

Parallele Analyse von Proteinmodifikationen

In diesem Schwerpunkt beschäftigt sich das Projektteam mit der Entwicklung von Methoden für die qualitative und quantitative Analyse von strukturellen Veränderungen an Proteinen, vor allem mit posttranslationalen Modifikationen (PTM). Diese werden mit den von den Arbeitsgruppen Lipidomics, Synthetische Biomoleküle und Chemical Proteomics entwickelten Werkzeugen zur Anreicherung von lipid- und glykanmodifizierten Peptiden kombiniert, um mindestens drei verschiedene PTM parallel analysieren und zeitaufgelöste Untersuchungen im kardiovaskulären System durchführen zu können.  Mit einem solchen Verfahren könnten in einer einzigen Probe sowohl Lipide, Metabolite und Proteine als auch mehrere verschiedene PTM erfasst werden.

Neue Methoden für die Analyse von Lipidierungen an Proteinen

Die Arbeitsgruppen Lipidomics und Proteomics entwickeln neue Detektionstechniken zum Erfassen von Lipidmodifikationen an Proteinen. Sie wollen zum Beispiel Fettsäuren und Lipide mit Alkylengruppen synthetisieren und so ein neues Markierungsverfahren etablieren. Außerdem wollen die Gruppen weitere unterschiedlich lipidierte Peptide herstellen, die zur Verbesserung von MS-basierten Arbeitsabläufen genutzt werden. Mit den optimierten Verfahren sollen später endogene Lipidierungen auch ohne Markierung analysiert werden können.

Alle beteiligten Arbeitsgruppen auf einen Blick: